Spätestens seit dem letzten Jahr begegnen sie uns überall - futuristische, teils merkwürdig anmutende Headsets verbreiten sich rasant weiter. Egal, ob in den Medien, auf Messen oder Veranstaltungen. Auch wenn sie ihren Ursprung in der Computerspiele Branche haben, werden sie längst nicht mehr nur dort eingesetzt. Bei den vielen neuen Begriffen wie VR, AR, Mixed und Merged Reality kann schnell der Überblick verloren gehen. Aus diesem Grund habe ich für alle Unternehmer sowie Kommunikations-, Projekt- und Pressemanager eine umfassende Übersicht mit Einsatzmöglichkeiten und Einschränkungen der verschiedenen Systeme zusammengestellt. Der Artikel ist in kleine Teilabschnitte mit schnell auffindbaren Kapitelüberschriften eingeteilt. Wer sich also schon mit einzelnen Techniken gut auskennen oder gezielt etwas nachschlagen möchte, kann sich an den Überschriften schnell orientieren.
Kabelgebundene vs. mobile Geräte:
Bevor ich die einzelnen Techniken konkret vergleiche, zunächst noch ein allgemeiner, wichtiger Unterschied, der sich quer durch alle Systemkategorien zieht und damit grundlegenden Einfluss auf die konzeptionellen Möglichkeiten definiert: Die Brillen sind entweder mit einem Kabel an einen PC verbunden oder haben alle nötigen Rechenkomponenten direkt im Gerät verbaut. Damit sind sie dann mobil, also funktionieren ohne zusätzliche Hardware. Auch Headsets, in die das Smartphone eingelegt werden können, fallen in diese mobile Kategorie, weil das Smartphone dann als eigenständiger Computer funktioniert.
Der Vorteil von Geräten, die nicht an einen PC angeschlossen werden müssen, liegt schnell auf der Hand. Die Beweglichkeit des Nutzers ist dabei nicht eingeschränkt. Er kann sich frei im Raum bewegen und wird nicht von störenden Kabeln ausgebremst. Dennoch haben natürlich auch kabelgebundene Geräte ihre Berechtigung. Digitale Medieninhalte, auch Content genannt, die auf den Geräten laufen sollen, können sehr schnell die Leistung von mobilen Geräten überfordern. Während Filme sich in der Regel auf mobilen Geräten ohne Schwierigkeiten abspielen lassen, verlangen interaktive, also vom Nutzer live beeinflussbare, Computerwelten schnell sehr viel Rechenleistungen. Dafür geeignete Grafikkarten mit Kühlungen sind heute aber noch zu groß und schwer, um sie auf dem Kopf tragen zu können. Wenn also eine kompromisslose, fotorealistische und in Echtzeit (also live) beeinflussbare Anwendung gewünscht ist, empfiehlt sich meist noch ein kabelgebundenes Gerät.
Nun aber zu den verschiednen Systemkategorien Virtual-, Augmented-, Mixed- und Merged Reality.
VIRTUAL REALITY
Die Virtual Reality, also die virtuelle Realität oder kurz VR genannt, ist das Älteste aller Konzepte. So konnte ich bereits vor 23 Jahren bei einer Reise in die USA Virtual Reality zum erstem Mal erleben. Allerdings war der Helm von damals noch sehr weit entfernt von heutigen Brillen. Grund dafür sind deutlich bessere Computer- und Grafikprozessoren, Monitore sowie (vereinfacht geschrieben) diverse Softwarelösungen für Entwickler, mit denen VR erst jetzt ernsthaft möglich geworden ist.
Was ist Virtual Reality:
Bei der Virtual Reality taucht der Nutzer mit dem Aufsetzen der Brille in eine komplett neue Welt ein. Den echten Raum um ihn herum kann er nicht mehr sehen, dafür wird er von dem Computer generierten Raum üblicherweise komplett umgeben. Er kann, wie im echten Leben, seinen Kopf in alle Richtungen drehen und die digitale Welt um sich herum betrachten. So ist es möglich in Sekundenschnelle an jeden Ort der Welt zu gelangen, einen Spaziergang auf dem Mars zu unternehmen, ohne Anzug die Tiefsee zu erforschen, eine Ameisenkolonie in ihrem Bau zu besuchen oder einen Dinosaurier zu füttern. Zeitreisen zur Entstehung der Erde oder bereits heute mit der Drohne über den autonom fahrenden Verkehr hinweg zur Arbeit schweben, der virtuellen Realität sind keine Grenzen gesetzt. Selbst die Physik kann hier außer Kraft gesetzt werden, wenn der Entwickler das möchte.
Wie funktioniert Virtual Reality:
In dem Headset ist ein Monitor dicht vor den Augen des Nutzers eingebaut. Für jedes Auge kommt noch eine optische Linse hinzu, mit der jeweils ein Teil des Monitors so dargestellt wird, als wenn der Monitor unser gesamtes Blickfeld einnimmt. Eingebaute oder (je nach Gerät) auch außerhalb aufgestellte Sensoren erfassen nun die Kopfbewegungen wie Blickrichtung, Neigung oder auch weitere Körperbewegungen des Nutzers im Raum und passen den Content sofort entsprechend an. Dreht der Nutzer seinen Kopf nach links, wird auch der Medieninhalt entsprechend verschoben. Bewegt er sich im Raum, wird auch das bei einigen Geräten von Kameras erfasst und innerhalb der virtuellen Welt angepasst. Dadurch entsteht der Eindruck, dass man tatsächlich mitten in dieser Welt steht. Für die bekanntesten Geräte Oculus Rift, HTC Vive und Playstation VR sind auch zusätzliche Controller verfügbar (teils optional) mit denen auch die Hände im virtuellen Raum genutzt werden können.
Heutige Schwierigkeiten der Virtual Reality und aktuelle Entwicklungen:
Die wohl bedeutendste Einschränkung bei allen aktuellen Headsets ist immer noch die Auflösung, obwohl sie sich in den letzten vier Jahren schon deutlich verbessert hat. Die kleinen Monitore vor unseren Augen können zwar bereits Auflösungen von heutigen Fernsehern haben, allerdings versuchen selbst die größten Fernseher noch lange nicht unser komplettes Blickfeld zu füllen. Dadurch sind bei allen aktuellen Virtual Reality Headsets deutliche Bildpunkte erkennbar und das Bild wirkt immer etwas unscharf und weniger detailliert, als man es vom Fernseher gewohnt ist. Ein weiteres Problem besteht, wenn der Content mehr Performance verlangt, als dem Headset zur Verfügung stehen. In diesem Fall kann es zu stockenden Inhalten führen, die wiederum Übelkeit hervorrufen können.
Die Hersteller arbeiten aber schon an der nächsten Generation ihrer Headsets. So wird es sicher immer weitere Verbesserungen bei Auflösung und Performance geben und auch die Eingabegeräte zur Interaktion in der virtuellen Welt werden weiter verbessert. Besonders spannend ist hierbei das Eye Tracking, also das Erfassen der genauen Blickrichtung des Nutzers. Damit stehen den Softwareentwicklern sehr gute Möglichkeiten zur Verfügung, sowohl bei der Gestaltung der Inhalte (z.B. natürliche Tiefenschärfen) als auch im Hinblick auf Performance Steigerungen, da hier eine Konzentration auf das tatsächlich Gesehene programmiert werden kann. Es wird also deutlich: Auch wenn die Idee der Virtual Reality schon sehr alt ist, stehen wir immer noch ganz am Anfang dieser Technologie, die nun lediglich zum erstem Mal einigermaßen alltagstauglich geworden ist.
Unterschieden werden muss auch zwischen einer „echten“ stereoskopischen 3-dimensionalen Computerwelt und einer 2-dimensionalen Kugelprojektion. Während in der stereoskopischen 3D Welt die Entfernungen und Ausmaße von Objekten wie im echten Leben plastisch wahrgenommen werden, hat man bei einer 2D Kugelprojektion das Gefühl im Mittelpunkt einer großen Kugel zu sitzt, die lediglich mit einem Projektor rundherum angestrahlt wird. Es entsteht dabei kein echter Tiefeneindruck der Welt und wirkt schnell künstlich. Die Produktion von solchen Inhalten ist heute aber bereits sehr einfach umzusetzen, daher sieht man recht häufig diese Art Inhalte. Oft werden die Szenen dabei schlecht geplant und es entstehen Löcher, in denen Personen/Objekte plötzlich verschwinden oder es gibt Bereiche, in denen sie sich doppeln. Manchmal sind auch Kanten mit Farb- oder Helligkeitsunterschieden mitten im Himmel oder auf der Straße zu sehen, welche ebenfalls die Illusion zerstören.
Virtual Reality Einsatzgebiete:
Es gibt sehr vielfältige Möglichkeiten Virtual Reality im Unternehmen oder für Kommunikationsinstrumente einzusetzen. Werbe- oder Infotainment-Shows sind möglich, bei denen Produkte in einer passenden Umgebung erlebt werden können. Es können Konfiguratoren programmiert werden, in denen Konsumenten z.B. ihr eigenes Auto oder die Küche in einem virtuellen Raum zusammenstellen. Selbst neue Arbeitsmethoden für technische oder architektonische Planer sind denkbar, die im virtuellen Raum sehr schnell Prototypen und Konstruktionen erstellen können. So ist es Bauherren nun möglich, ihr zukünftiges Heim schon vor der Grundsteinlegung komplett zu begehen und die Aufteilung ihren Bedürfnissen entsprechend anzupassen. Eventmanager sehen ihre Veranstaltung bereits in der Planungsphase und der Einkauf kann sich ein Bild von den geplanten Investitionen machen. Auch in der Forschung oder Wartung kann Virtual Reality in Kombination mit 360 Grad-Kameras und Robotik Einsätze möglich machen, ohne dass sich Menschen in Gefahr bringen müssen. Ein Außeneinsatz mit einem Roboter an einem Satellit kann dank Virtual Reality bequem von der ISS gesteuert werden. Eine Tiefsee Erkundung der Titanic kann an der Wasseroberfläche erfolgen. Auch therapeutische Möglichkeiten wie die Behandlung von Höhenangst oder Schmerzmilderung werden derzeit erforscht. Anstelle der sterilen Krankenhausumgebung, begeben sich die Patienten mit Virtual Reality auf eine Safari nach Afrika oder besuchen die Südsee.
AUGMENTED REALITY
Was ist Augmented Reality:
Augmented Reality oder kurz AR ist die Erweiterung der echten Welt mit digitalen Inhalten. Diese können einfache Textblöcke, Grafiken bis hin zu 3-dimensionalen Objekte sein. Im Gegensatz zur Virtual Reality taucht der Nutzer hier nicht in einen komplett digital erzeugten Raum ein sondern bekommt zusätzliche Elemente in die reale Welt eingeblendet. Streng genommen fällt damit auch die aktuell sehr berühmte HoloLens von Microsoft in diese Kategorie, auch wenn sie sich bewusst und durchaus mit einer gewissen Berechtigung mit dem Begriff Mixed Reality noch davon absetzt. Mehr dazu dann im Bereich Mixed Reality.
Wie funktioniert Augmented Reality:
In den letzten Jahren haben sich drei Konzepte verbreitet. Das wohl bekannteste Prinzip ist die Verwendung mit der Smartphone- oder Smartpad- Kamera. Der Nutzer betrachtet das Livebild auf dem Monitor und bekommt dort zusätzliche Inhalte eingeblendet, die es in der echten Welt eigentlich nicht gibt. Dieses Prinzip ist schon etwas älter, im letzten Jahr ist es aber durch das Spiel Pokemon Go deutlich bekannter geworden.
Ein weiteres Konzept ist die holographische Projektion. Hier wird eine Scheibe im 45 Grad Winkel in der Blickrichtung des Anwenders aufgestellt. Meist unterhalb der Scheibe ist ein Monitor eingebaut, auf dem Texte oder Grafiken gezeigt werden. Der Nutzer sieht durch die Scheibe sowohl die reale Welt als auch die Spiegelung des Monitors, die scheinbar in der Luft vor seinen Augen schwebt. Teleprompter arbeiten mit diesem Prinzip, aber auch in Fahrzeugcockpits können solche Systeme als Head Up Display Informationen in die Windschutzscheibe einblenden.
Auch Datenbrillen werden für Augmented Reality genutzt. Die bekannteste davon ist Google Glass, dessen Verkauf allerdings Anfang 2015 wieder komplett eingestellt wurde. In einen bestimmten Bereich auf einem Auge konnten Kalendereinträge, Google Suchen oder Kontakte angezeigt werden. Es konnten Fotos geschossen und betrachtet sowie Anrufe getätigt werden. Viele Nutzer haben das Prinzip als sehr störend empfunden und die Nutzerführung stellte sich als unpraktisch dar. So konnte die Brille nicht mit dem Smartphone mithalten und wurde zu einem Flop. Es gibt noch zahlreiche weitere Augmented Reality Datenbrillen, durchgesetzt hat sich aber keine.
Augmented Reality Einsatzgebiete:
Holografische Projektionen sind aktuell sehr beliebt bei Exponaten für Messen und Events. Der Eindruck eines Hologramms wirkt im Umbruch zur digitalisierten Welt futuristisch und modern. Die Hologramme können hierbei auch mit realen Objekten kombiniert werden und Informationen um sie herum schweben lassen. In der Frontscheibe des Fahrzeugs können Geschwindigkeit, Warnhinweise oder auch Informationen zu Umfeld oder Navigation eingeblendet werden. Ein Nachteil dabei ist allerdings, dass die Hologramme als 2-dimensionale Grafik über der Motorhaube schweben. Wenn der Fahrer die Grafiken fokussiert, wird der Straßenverkehr, aufgrund von biologisch-optischen Gründen unserer Augen, unscharf. Fokussiert der Fahrer hingegen den Straßenverkehr, schweben die Hologramme unscharf und störend davor. Es ist technisch unheimlich aufwendig, wenn auch theoretisch nicht unmöglich, die Hologramme genau an den Ort im Straßenverkehr zu platzieren, den der Fahrer gerade betrachtet und er damit beides zeitgleich scharf sehen kann. Ob so ein Prinzip aber jemals entwickelt wird, hängt nicht zuletzt auch von der Weiterentwicklung anderer Systeme wie z.B. der HoloLens ab, die etwas in dieser Art heute schon kann.
MIXED REALITY
Microsoft hat diesen Begriff mit der HoloLens erfunden und möchte sich damit von den bestehenden Augmented Reality Datenbrillen, insbesondere der gefloppten Google Glass Brille distanzieren. Dies ist auch durchaus berechtigt, da die HoloLens tatsächlich deutlich weiter geht als die bisherigen Konzepte der AR Brillen.
Was ist Mixed Reality:
Bei Mixed Reality entstehen digitale Objekte unmittelbar in der Tiefe des real betrachteten Raums. Dieses kann zwar auch bei AR mit Smartphone Kamera umgesetzt werden (siehe oben), allerdings wird dort die Welt immer nur durch die Kamera des Gerätes betrachtet. Bei Mixed Reality blicken wir wirklich in den Raum und sehen digitale Objekte mitten in ihm. Die folgenden Beschreibungen beziehen sich beinahe komplett auf die HoloLens, weil sie aktuell das einzige Gerät ist, das wirklich in diese Beschreibung fällt. Es gibt zwar durchaus noch weitere Geräte, wie die Meta 2, die sich in diesem Bereich eingliedern möchten. Da diese Geräte aber aktuell noch zu einfach aufgebaut sind und lediglich per holographischer Projektion Inhalte vor den Augen schweben lassen, erfüllen sie meiner Meinung nach noch nicht die Anforderungen einer wirklich vermischten Mixed Reality. Möglicherweise kommen in Kürze aber neue Geräte dazu. So gibt es mit Magic Leap noch ein zweites Gerät, welches allein aufgrund der Investorenstruktur möglicherweise eine Konkurrenz zur HoloLens darstellen könnte. Abgesehen von Werbevideos und den bereits für die Digitalwirtschaft üblichen, radikalen Weltveränderungsslogan gibt es noch wenig konkrete Informationen.
Wie funktioniert Mixed Reality:
Das Herzstück der HoloLens sind zwei gläserne Screens unmittelbar vor den Augen. Dort werden die digitalen Inhalte dargestellt, die wir Dank stereoskopischer Darstellung tatsächlich in der Tiefe des Raumes wahrnehmen. Alle möglichen Sensoren erfassen unsere Augen, erkennen Kopfbewegungen und Bemessen den Raum sowohl in der Tiefe als auch der Helligkeit. Auch Sprach- und Gestensteuerungen der Hände sind möglich.
Schwierigkeiten der Mixed Reality:
Die größte Schwäche der HoloLens ist ein eingeschränktes Blickfeld der digitalen Inhalte. So können die digitalen Inhalte nicht wie bei der Virtual Reality unser gesamtes Blickfeld umspannen, sondern lediglich einen kleinen Bereich unmittelbar vor uns. Große Objekte werden abgeschnitten. Dreht der Nutzer den Kopf ein Stück weg, verschwinden die Objekte auch ganz. Das zerstört leider die komplette, sonst sehr perfekte Illusion.
Eine weitere Einschränkung besteht in der Farbauswahl für die digitalen Objekte. So ist es beispielsweise aufgrund der additiven Farbmischung der HoloLens nicht möglich, die Farbe schwarz darzustellen. Schwarz bedeutet hier volle Transparenz, also Durchsicht in die reale Welt. Das kann durchaus zu großen optischen Verwirrungen führen. Stellt der Entwickler z.B. einen holographischen Tisch mit einem schwarzen Notizbuch in den Raum, so wird das Notizbuch nicht als solches erkannt, sondern mit seinen Umrissen als ein Loch im Tisch wiedergegeben, durch das der echte Boden des Raums sichtbar wird.
Die HoloLens hat alle Prozessoren und Sensoren direkt im Headset verbaut. Auch eine WLAN-Anbindung ist dabei. Dadurch wird das Gerät zwar mobil, allerdings sind die Gestaltungsmöglichkeiten durch die geringere Rechenperformance gegenüber einem stationären PC deutlich beschränkt. Der Akku hält im Betrieb je nach Nutzungsintensität zwischen 2,5 bis 5,5 Stunden.
Mixed Reality Einsatzgebiete:
Mixed Reality ermöglicht sehr viele unterschiedliche Anwendungen und hat großes Potenzial, bekannte Abläufe komplett zu verändern. Die Besonderheit liegt hier im direkten Zusammenspiel zwischen der realen mit der virtuellen Welt. So können umständliche Bedienungsanleitungen oder YouTube Erklärungsfilme sehr bald der Vergangenheit angehören. Viel einfacher ist es jedoch, sich in sein neues Auto zu setzen und sämtliche Funktionen mit den eingeklinkten Hologrammen direkt im Fahrzeug zu zeigen. So kann das Auto sogar holographisch durchleuchtet und besondere Techniken des Fahrwerks oder der elektrischen Versorgung hervorgehoben werden.
Der Verkauf von Einrichtungsgütern oder industriellen Systemanlagen bekommt mit Mixed Reality auch ganz neue Möglichkeiten. So kann es mit der HoloLens problemlos möglich sein, das neue Wohnzimmer zu planen und sämtliche Dekorationsoptionen und Aufteilungen virtuell im echten Wohnzimmer durchzuspielen. Das erspart viel schweißtreibendes Möbelrücken. Systemanlagen können noch vor der Bestellung begutachtet und mit allen Fachkräften optimal eingeplant werden.
Wartung und technische Instandhaltung wird sich mit Mixed Reality auch verändern. Bei einem Ausfall oder Defekt ist es in vielen Fällen nicht mehr notwendig, auf den Support zu warten. Mit der HoloLens kann ein allgemeiner Techniker die speziellen Handgriffe übernehmen. Die HoloLens zeigt ihm an Ort und Stelle, was zu tun ist.
Kochbücher werden nicht mehr benötigt. Alles Wichtige wird direkt am Herd gezeigt. Navigationsgeräte können ersetzt werden. Bei Städtereisen wird kein Wahrzeichen übersehen. Historische Gebäude können sogar in die Atmosphäre vergangener Tage versetzt werden, wenn holographische Pferdekutschen vor ihnen sichtbar werden. Bald wird nach der Videotelefonie möglicherweise auch holographisches Telefonieren verbreitet sein. 3D Scanner sind bereits in der Lage, Menschen live zu scannen und als digitales Objekt wiederzugeben. Technisch also bereits machbar. Ob es sich aber wirklich durchsetzen wird, ist natürlich immer eine andere Frage.
Bei Mixed Reality sehe ich im Vergleich zu allen anderen Systemen das größte Potenzial unseren Alltag wirklich zu verändern. Auch wenn die erste Brille dieser Art im Moment noch alles andere als chic ist, so ist der Gedanke dahinter doch die logische Fortführung des Smartphones mit verbessertem Konzept. So paradox es sich vielleicht anhören mag, werden wir mit solchen Systemen endlich wieder zurück in die echte Welt blicken können, anstelle stundenlang die Smartphone- oder Smartpad- Bildschirme zu betrachten. Dafür muss sich allerdings noch die Technik weiter verkleinern und das Design zu einem Lifestyle Produkt heranwachsen, ähnlich den Anfängen von Apples iPod.
MERGED REALITY:
Das von Intel ins Leben gerufene Merged Reality ist das neuste Konzept. Bisher ist hierzu noch kein Gerät auf dem Markt. Intel hat in Las Vegas auf der Elektronikkesse CES Anfang des Jahres aber weitere Neuigkeiten zum Project Alloy präsentiert.
Was ist Merged Reality?
Merged Reality hat das Ziel, die nähere Umgebung in die virtuelle Welt zu integrieren. Hierbei ist allerdings, anders als bei der Mixed Reality, die reale Welt nicht zu sehen. Wir blicken in eine komplette, virtuelle Welt, die der Virtual Reality gleich ist. Der Unterschied ist, dass bei Merged Reality echte Elemente in der näheren Umgebung erkannt und in die virtuelle Welt integriert werden können. So kann der Nutzer nicht nur seine eigenen Hände sehen und sie in der virtuellen Welt nutzen, sondern sieht auch die echten Möbelstücke als digitale Kopie um ihn herum. Das erspart sicher manchen blauen Fleck im Vergleich zur Virtual Reality.
Während die Fachwelt bei der ersten Vorstellung im August 2016 von Project Alloy noch davon ausgegangen ist, dass die Objekte weitgehend gescannt und als digitale Kopie dargestellt werden, hat Intel auf der CES im Januar mit einem cleveren Softwarekniff ein wenig überrascht. Die realen Objekte oder Hände können auch nur in ihren Positionsdaten und Ausmaßen erfasst werden und der Darstellung der virtuellen Welt angepasst werden. So kann das echte heimische Sofa in einer virtuellen Scheune z.B. zu Heuballen werden, oder die Hände und Arme des Nutzers werden in einem Phantasie Abenteuer zu den Händen eines Trolls.
Wie funktioniert Merged Reality:
Streng genommen funktioniert das Grundprinzip genauso wie bei der Virtual Reality. Daher gehe ich an dieser Stelle nicht erneut auf diese Technik ein. Einziger Unterschied sind zusätzliche 3D Tiefenscanner und Kameras am Gehäuse, die den echten Raum im näheren Umkreis erfassen und bei Bedarf diese gescannten Objekte auch mit den echten optischen Oberflächeninformationen wie Farbe und Struktur, die von der Kamera aufgenommen wurden, verbinden. So können reale Objekte in den virtuellen Raum kopiert werden. Der Softwareprogrammierer hat aber auch die Möglichkeit, lediglich die Tiefeninformationen des 3D Scanners abzurufen und in veränderter Form in der virtuellen Welt zu nutzen. Streng genommen ist auch das kein wirklich neues Prinzip. Viele Programmierer haben schon seit Beginn der ersten Oculus Entwickler Version (Virtual Reality), bereits mit angeklebten Tiefenkameras experimentiert, um die Interaktion im Raum mit den eigenen Händen zu verbessern. Intel ist nur der Erste, der diese Kameras fest im Gerät verbaut. Ob sich der Begriff Merged Reality damit wirklich durchsetzen wird ist nicht sicher. Ich gehe davon aus, dass bald auch andere Virtual Reality Hersteller Tiefenkameras in ihren Headsets übernehmen werden.
Merged Reality Einsatzgebiete:
Da sich der Grundgedanke mit der Virtual Reality überschneidet, sind auch die Einsatzgebiete weitgehend identisch. Der angebrachte 3D Tiefenscanner gibt darüber hinaus weitere Möglichkeiten für die Anwendungen. Es können bei Produktshows zusätzliche Warnhinweise gegeben werden, damit der Nutzer nicht über seine eigenen Möbel stolpert und somit Verletzungsrisiken minimiert werden. Natürlich wird es dabei auch möglich sein, den realen Raum im aktuellen Zustand zu digitalisieren und virtuell Anpassungen vorzunehmen. Das ermöglicht z.B. den neuen Ikea Schrank in der virtuellen Kopie seines eigenen Wohnzimmers zu konfigurieren. Ich persönlich würde so eine Zusammenstellung jedoch lieber in einer HoloLens vornehmen, durch die ich noch meine echten vier Wände zusammen mit dem virtuellen Schrank sehe. Aber es gibt natürlich auch durchaus Argumente, die für eine komplette virtuelle Zusammenstellung stehen. So wird bei der HoloLens natürlich immer der aktuelle, reale Wohnzimmertisch im Bild sein, auch wenn er von virtuellen Objekten teils überlagert wird. In der Merged Reality kann der Nutzer ihn in der digitalen Kopie bei Bedarf bequem ausradieren und ersetzen. Auch kann die digitale Kopie an einen Berater zum Fachgespräch übermittelt werden.
FAZIT
Virtual-, Augmented-, Mixed- und Merged- Reality sind sicher nicht nur etwas für Computerspieler. Die Systeme bieten neue Möglichkeiten für Werbung, Verkauf und Öffentlichkeitsarbeit auf der einen Seite, sie können aber auch den Arbeitsalltag verändern. Dabei ist insbesondere die Mixed Reality hervor zu heben, mit der ganze Abläufe revolutioniert werden können. Auch Virtual- und Merged- Reality können einen Einzug in die Arbeitswelt erhalten. So wird dieses bereits für therapeutische Zwecke erforscht und auch im Design gibt es erste Feldversuche.
Neue Formen der Computernutzung über VR wurden bereits erprobt. Sie sollen den Desktop PC ersetzen oder es ermöglichen, Konferenzen demnächst im virtuellen Raum stattfinden zu lassen. Dabei zeigt sich auch sehr deutlich, dass nicht alle Nutzungsideen unbedingt Erfolg haben müssen. So kann ich mir selbst als großer Enthusiast nicht vorstellen, dass Menschen sich bald nur noch im Virtuellen Raum aufhalten. In den meisten Situationen werde ich persönlich die echte Realität grundsätzlich immer bevorzugen, egal wie gut die Systeme in den nächsten Jahren noch werden. So wird es mit Sicherheit auch die Allgemeinheit sehen. Die neuen Systeme geben uns unzählige neue Möglichkeiten und können den Alltag an vielen Stellen vereinfachen. Aber wir werden sicher nicht zu kollektiven Headset Junkies, wie mancher heute befürchtet. Die Erfindung des Autos vor knapp 130 Jahren hat uns auch nicht dazu gebracht, nicht mehr zu Fuß zu gehen. Bei den neuen Systemen ist also durchaus auch immer eine kritische Analyse sinnvoll, welche Anwendungen wirklich Sinn ergeben und einen echten Mehrwert für den Nutzer ergeben.
So ist auch die Nutzerführung durch die Applikation bzw. die dramaturgische Führung durch die Inhalte besonders wichtig. Bekannte Gestaltungsmittel aus Film, Software, Gaming oder Werbung können nicht ohne Weiteres auf das neue Medium übertragen werden. Das ist leider aktuell das meist verbreitete Problem. Viele klassische Agenturen, Entwickler oder Filmproduktionen haben sich noch viel zu wenig mit dem neuen Medium auseinander gesetzt und übertragen häufig alt bekanntes auf die neuen Geräte. Dadurch funktionieren aber auch viele Inhalte einfach nicht. Die neuen Geräte benötigen eine ganz eigene Sprache und Grammatik. Das wiederum ist ein weiteres Thema, das noch deutlich umfangreicher ist, als die technische Kurzfassung hier in diesem Artikel. Wenn die Zeit es zulässt, demnächst vielleicht mehr von mir. Wenn Ihr darüber hinaus aber auch ganz konkrete Projektfragen habt, stehe ich Euch immer gerne zur Verfügung.
Bleibt neugierig, bis bald, Euer Jan Klinkhammer